Man Of Booom – das sind Teknical Development, Figub Brazlevič und JuJu Rogers,
eine Dreier-Formation, deren Wurzeln in der goldenen Ära des Hip-Hop liegen: also dort, wo es noch um Authentizität, Liebe für die Sache, Gemeinschaft und all die anderen im medialen Kosmos verloren geglaubten Werte ging. Aus dem Schlafzimmer-Studio in Berlin-Moabit, durch die Straßen Londons, vom Mond zurück zur Erde und noch viel weiter – die ‚Back To The Booom‘ LP führt den aufmerksamen Zuhörer durch eine Klangwelt, die zunächst an den ehrlich-dreckigen Sound der 90er erinnert und deren verspielte Naivität auf Figubs Kopfnicker-Beats in ein Parallel-Universum einführt, in dem der Fokus auf Positivität und dem Zusammenbringen von Musikern durch ihr gemeinsames kreatives Schaffen liegt. ‚Back To The Booom‚ ist eine Hommage an eine Kultur und Geisteshaltung, die man zwischen Major-Labels und Radio-Kommerz so fast nur noch in verstaubten Plattenregalen finden kann.
Gestern waren die drei so lieb, mir einige Fragen zu beantworten:
Wie habt ihr zusammengefunden – wie ist diese ganze Sache mit ‚Man Of Booom‘ zustande gekommen?
JUJU: Bei mir war es so, dass ich zuerst Figub kennengelernt habe. Damals habe ich noch nicht in Berlin gewohnt. Figub spielte in Nürnberg und ich war der Support-Act für ihn, Torky Tork und Hazeem. Im Backstage war der Vibe wirklich cool, wir haben uns sofort verstanden. Figub meinte damals: „Wenn du jemals nach Berlin kommst…“. Tja, fünf Monate später bin ich dann nach Berlin gezogen.
Ich hab Figub angerufen, wir haben viel zusammen rumgehangen – und einige Wochen später lernte ich dann Tek bei Beatgeeks kennen. Tek, der ja aus London kommt, war gerade bei Figub zu Besuch – und so sind wir ins Gespräch gekommen.
FIGUB: Tek und ich haben uns in Berlin kennengelernt. Bei einem Foto-Shooting auf dem Cassiopeia-Gelände. Ich wurde gefragt, ob ich Tek und seinen Freund Martin von Obba Supa für ein paar Tage bei mir aufnehmen könnte. Und so kam es dann, dass die beiden die nächsten drei Tage bei mir verbrachten. In der Zeit waren wir musikalisch bereits ziemlich aktiv. Tek war über die Jahre auch immer mal wieder zum Recorden in Berlin. Im Mai diesen Jahres war er wieder hier und hat JuJu bei Beatgeeks kennengelernt. Da wir alle ziemlich auf der selben Wellenlänge waren, haben wir uns am nächsten Tag getroffen und angefangen, einen Song aufzunehmen. Das war ,No more Comebacks‘. Den fanden wir so gut, dass wir beschlossen haben, ein Projekt daraus zu machen. Und kurze Zeit später waren die meisten Tracks und Skits bereits fertig und das Album im Mastering.
TEK: Da gibt es kaum noch etwas hinzuzufügen. Ich weiß nur, dass als ich JuJu zum ersten Mal rappen hörte, Figub und ich uns angesehen haben und mit diesem Blick genau wussten: „Yo, das ist es…“. Seitdem entwickeln wir uns zusammen immer weiter und ja – es macht wirklich Spaß.
Was heißt ‚Man Of Booom‘? Welche Idee steckt dahinter?
FIGUB: Der Name an sich geht wohl auf meine Kappe. Zunächst gab es da einige Ideen, die wir in den Raum geworfen haben. Durch den Song ‚Back To The Booom‘ haben wir angefangen, mit dem Wort ‚Booom‘ herumzuspielen. ‚Boomtroopers‘ und ‚Legion Of Booom‘ waren unsere ersten Ideen. Das ‚Man Of Booom‘ dahingegen basiert auf einer Kindheitserinnerung von mir. Als ich klein war, hatte ich eine Action-Figur. ‚Man at Arms‘. Deren Arme konntest du so verrückt hin- und herbewegen. Das hat mich an die typische Armbewegung im Hip-Hop erinnert. Dann hab ich die Parallele gezogen. ‚Booom‘, ‚Boombap‘ – das steht für eine Zeit, die mich einfach enorm geprägt hat, mit der ich mich heute noch identifiziere, so wie die beiden anderen auch. Wir sind ‚Men Of Boom‘. Dabei geht es weniger um eine Ära als eher um eine Einstellung, die mit dieser Zeit verbunden ist. Jeder, der die Musik aus dieser Zeit feiert, weiß, was ich meine. Ein ‚Man Of Booom‘ kann jeder sein. Es geht um einen Vibe, eine Art und Weise, wie man an Musik herangeht. Bei Tek ist es das Experimentelle, bei JuJu das Soulige, bei mir ist es die starke Verbindung zu der Goldenen Ära, die ich mit meinem eigenen Sound kombiniere, wie auch schon bei ‚Oldschool Future‘, einem Oxymoron, welches den Stil unserer Musik eigentlich am besten beschreibt.
Ihr sagt ja, dass ihr alle aus ziemlich unterschiedlichen Ecken kommt. Was verbindet euch? Wie gestaltet ihr eure Zusammenarbeit?
FIGUB: Hip-Hop!
JUJU: Ja, das stimmt, ich würde das Gleiche sagen. Egal, was für einen Hintergrund du hast, welche Sprache du sprichst, welcher Religion du angehörst – am Ende des Tages sitzen wir alle zusammen und machen Hip-Hop.
TEK: Ja, das ist es. Wir ergänzen uns alle. Wir profitieren von unserer Vielseitigkeit. Takin‘ the shit to a next level. Es war wirklich einfach. Natürlich. Natürlich und neutral. Figub hat angefangen, einen Beat zu bauen. JuJu und ich haben uns unterhalten, rumgealbert, was weiß ich – dann hat einer von uns den Stift in die Hand genommen, drauflos geschrieben und der andere hat sich dazugesetzt und sich seine eigenen Gedanken gemacht. Wenn der Beat fertig war und wir mit unserem Geschriebenen zufrieden waren, ging es ans Recorden. Dieser Prozess hat sich dann Tag für Tag wiederholt – ohne Essen, ohne Schlafen. Das war wirklich cool.
FIGUB: Für mich war es auch super lustig, die beiden beim Recorden zu beobachten. JuJu hat immer viel gelacht und ist mit Freude ans Aufnehmen rangegangen, während Tek die ganze Zeit nicht fassen konnte, was wir da eigentlich gerade Großartiges produzieren. Er hat teilweise sogar gegen die Kabinenwand geschlagen und gerufen: „Fuck, this is so sick!“. Das haben wir dann teilweise auch mit in die Skits eingebaut.
Erzählt mir von eurem Album. Welche Worte würdet ihr wählen, um die Message dahinter zu beschreiben?
TEK: Ich denke, es ist authentisch, natürlich und stark. Der Vibe ist stark. Wir haben uns abgewandt von all dem Bullshit. Wir sind alle sehr starke Individuen – aber zusammen haben wir alle unser Bestes gegeben und haben uns meilenweit von dem generischen Scheiß entfernt, den du sonst so hörst.
JUJU: Ich vergleiche es immer mit einem großen Baum. Ich habe das Gefühl, dass Hip-Hop ein großer, starker Baum mit vielen Ästen ist, die symbolisch für die vielen verschiedenen Stile und Inhalte stehen. Was wir machen, ist, dass wir uns auf unsere Wurzeln besinnen, im metaphorischen so wie im reellem Sinne. Daher fühlt es sich auch so richtig an, so natürlich. Es gibt so viele Verästelungen, so viele Gabelungen – aber wir sind die Wurzeln, die Basis, die alles darauf Aufbauende trägt und ihm Kraft gibt. Ja, so würde ich es beschreiben.
FIGUB: Ein letzter Satz von mir dazu. Wir lieben diesen Scheiß. Wir hatten so viel Spaß dabei, dieses Album zu kreieren. Natürlich gab es auch stressige Phasen – JuJu war neu in der Stadt und musste sich erst einmal orientieren, und Tek war hier immer nur zu Besuch, ist zwischen London und Berlin hin und her gejettet. Und dann muss man sich mal vorstellen – wir haben tagelang aufeinander gehockt. Das ist schon heavy. Aber ich bin total glücklich, dass wir das alles so gut hinbekommen haben. Meine Worte: Liebe, Ausdruck und Freude. Freude an der Sache.
Werden auf ‚Man Of Booom‘ noch weitere Veröffentlichungen von euch folgen? Wenn ja, wird es stilistisch weiter in diese Richtung gehen oder wollt ihr euch noch in andere Extreme vorwagen?
FIGUB: Natürlich! Das nächste Projekt wird ‚Dark Side Of The Booom‘ heißen. Stilistisch wird es sich insofern weiterentwickeln, als dass ich denke, dass JuJu und Tek weiter an ihrer Identität als ‚Man Of Booom‘ feilen werden, das heißt herausfinden, ob noch mehr dahinter steckt, tiefer in die Materie einsteigen und ihre Erfahrungen und ihr Wissen weiter ausbauen. Was mich anbelangt – ich werde sicherlich auch im Produzieren noch wachsen. Natürlich werden meine Beats immer den East-Coast-Touch beibehalten – mit dem Unterschied, dass ich eben Europäer bin und mein eigenes Ding mache. Aber generell werde ich weiterhin Beats bauen und die Jungs werden reimen. So läuft das. Wir machen’s einfach. Wir folgen unseren Ideen und verbreiten Liebe im Alltag. Booom, you know.
Vielen Dank an die Jungs für das Interview!
Zum Schluss noch ein Tipp von meiner Seite:
Solltet ihr in Berlin oder Umgebung wohnen, möchte ich euch die Release-Party der Jungs ganz warm ans Herz legen.
Sie findet morgen, am Mittwoch, dem 23. Oktober, um 20 Uhr in der Panke (Berlin-Wedding) statt. Löhnen müsst ihr 7 Euro Eintritt, wollt ihr euch gleich die LP mitnehmen, zahlt ihr für beides 20 Euro.
Ansonsten könnt ihr euch die Platte mit schickem Gatefold-Cover hier vorbestellen:
2LP bei HHV, Sichtexot Shop & Vinyl Digital.
2LP + limited 7“ exclusiv nur bei Sichtexot Shop & Vinyl Digital.
Sollten die vorangehenden Zeilen euer Interesse geweckt haben, das erste Musikvideo der drei kann man auch schon im Netz bewundern:
Kurzinfo
Künstler: Figub Brazlevič, JuJu Rogers, Teknical Development
Titel: Back To The Booom
Label: Sichtexot
Veröffentlichung: Oktober 2013
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