Eines der Highlights meiner Reise oder sagen wir mal das interessanteste, was ich seit Jahren gesehen und erlebt habe, war der Trip in eines der riesigen Townships von Kapstadt. Es ging sehr früh los, wir waren angespannt. Was erwartet uns? Werden wir dort akzeptiert? Gibt es Probleme? All das waren Fragen, dessen Antworten wir nicht kannten. Die Anspannung stieg. Unser Guide Jan nahm uns am frühen Morgen des 27.11. in der Lobby des Hotels in Empfang. Aber nicht er war es, der uns durch den heutigen Tag führen sollte. Wir bekamen zwei extra Guides, die bereits vertraut mit Touren durch die Townships waren.
So trafen wir also auf Bevin und Skizoo. Bevin fuhr das Auto, Skizoo war der Guide für die Gegend, da er selbst dort aufgewachsen und sowas wie ein Vorbild für viele dort ist. Unsere Anspannung legte sich wieder ein wenig, wenn auch immer noch letzte Restzweifel blieben, wie es nun wirklich dort wird. Geplant war eine Fahrradtour durch Khayelitsha, auf der wir das Leben und die Umstände kennen lernen sollten, denen die Menschen dort tagtäglich ausgesetzt sind. Diese führen dort ein Leben, welches wir uns hier gar nicht vorstellen können.
Armut beherrscht die Gegend, einfache Blechhütten, kaputte Klamotten, verwahrloste Hunde auf der Straße und alles andere als viel Perspektive wurden deutlich, als wir dort ankamen. Ich wusste wirklich gar nicht so recht, wie ich damit umgehen sollte, da ich so etwas noch nie in der Form gesehen habe. Unser Guide erklärte uns in aller Seelenruhe und bis ins Detail, wie das Leben in solch einem Township abläuft. Bildung ist Mangelware, leider, die Regierung tut auch nicht wirklich was dagegen, was sehr schade ist. Perspektive? Fehlanzeige! Wo will man auch was hernehmen, wo nichts ist?
Anfangs war ich echt sehr geschockt, unter welchen Umständen die Menschen dort Leben müssen. Aber eigentlich habe ich absolut kein Plan davon, wie diese sich wirklich fühlen. Sie leben dort seit Jahren so, wie sie leben. Haben nicht viel, sind mit dem zufrieden was sie haben, gehen arbeiten, treffen sich mit Freunden, essen und vollziehen ihre traditionellen Rituale, die nicht immer sehr toll aber eben Traditionen sind. Wir begannen unsere Tour in einem der vielen tollen Projekte, die dort jährlich mit viel Mühe umgesetzt werden. Das Ziel ist es, die Kids von der Straße wegzuholen, ihnen Perspektive zu bieten und vor allem durch sportliche Aktivitäten auf andere Gedanken zu bringen. Von BMX bzw. Dirt-Parks bis Mini-Fussballfeldern über Graffitikurse. Die Menschen versuchen sich für die Jugend stark zu machen & es gelingt ihnen auch oftmals sehr gut, auch wenn noch sehr viel Platz nach oben ist.
Wir machten also unsere Tour mit den Fahrrädern und auch hier war mir etwas mulmig. Wir waren weit und breit die einzigen Europäer, die dort ihre Kreise gezogen haben. Aber immer dabei: Skizoo, der seine Ursprünge ja dort hatte. Und ich muss sagen, dass ich selten so emotional nach einem Trip war, wie dort. Wir wurden super herzlich empfangen, die Leute auf der Straße grüßten uns, riefen und liefen uns hinterher, wollten mit uns sprechen, betrachteten meine Tattoos als ob sie noch nie welche gesehen hätten und waren einfach von Grund auf freundlich. Das war super, einfach super, das Gefühl der Angst verflüchtigte sich sehr schnell, auch wenn man in der Nacht wahrscheinlich nicht auf diese Gegenliebe trifft, die man am Tag erfahren hat. Um diese Uhrzeit ist es eben immer noch gefährlich wie kaum was anderes. Mord, Diebstahl, Vergewaltigung stehen ganz oben auf der Tagesordnung, wenn es dunkel im Township ist. Die sozialem Missstände sind natürlich deutlich zu erkennen und ich versuche mir immer wieder vorzustellen, wie es wäre, wenn es in Deutschland solche Viertel geben würde.. Klar wird das wahrscheinlich nie mehr der Fall sein, aber man sollte diesen Menschen in den Townships wirklich den größten Respekt dafür zollen, was sie jeden Tag durchmachen müssen. Da hat es keiner einfach, das Geld ist knapp und keiner weiß, wie die Zukunft aussehen soll
Wir fuhren zum Community Center, schauten vom Berg aus über das gesamte Gebiet von Kaleischa und waren total beeindruckt. Immerhin 1/3 aller Bewohner von Kapstadt leben unter diesen Umständen, keine leichte Kost. Weiterhin besuchten wir Marktplätze, die mit Street-Art gepflastert waren, besuchten einen magischen Heiler, der so etwas wie ein Doktor für die Menschen dort ist. Jeder der krank ist und etwas Geld über hat, geht zu ihm und lässt sich „heilen“. Auch wir waren dort und er sprach uns seinen Segen aus, wir mussten die Schuhe aussziehen, bevor wir den „Behandlungsraum“ betraten. Alles sehr kulturell, alles sehr einfach gehalten. Die Menschen haben nun mal ihre Traditionen, die sie unbedingt einhalten wollen. Auch die Jungs müssen da durch und schon im Jungen Alter für einige Wochen alleine in den Bergen ums nackte Überleben kämpfen. Weitere Details wurden uns darüber nicht verraten, weil es wohl nicht sehr angenehm für uns wäre, das zu wissen und hier auch niederzuschreiben. Aber es gibt auch noch Riten, die alles andere als akzeptabel sind. Das kann man aber leider nicht ändern, auch wenn man es gern wollte.
Nach dem Besuch beim Heiler gingen wir aus dessen Hütte raus und wurden schon sehnlichst von einer Gruppe Kids erwartet, die total witzig und süß drauf waren. Keine Scheu, keine Angst, den Jungs hat man angemerkt, dass sie total begeistert waren auch mal andere Gesichter zu sehen. Ich wurde zum Schauobjekt für sie, sie fassten meine Tattoos an und schwärmten nur so davon. Wir machten Fotos, tanzten kurz und dann ging es weiter, auch wenn ich gern noch mehr Zeit mit den Jungs verbracht hätte.
Zum Abschluss gingen wir in einem Internetcafe essen. Ja, ein Internetcafe, weil es dort noch etwas besonderes ist. Traditionelle Speisen werden auch hier natürlich ganz groß geschrieben. Satt werden konnte man immer, man wusste manchmal nur gar nicht was man zuerst schnabulieren sollte.
Da waren wir also. Ein halber Tag im Township, umgeben von einfachen aber auch harten Lebensbedingungen. Wir sahen Dreck und Leid aber auch fröhliche Menschen und Hoffnung. Es ist genau dieser Mix, der hier tagtäglich Einzug hält und Menschen wie uns staunen lässt. Natürlich kann man hier alles besser machen, als es bisher läuft, aber dazu muss jeder den anderen an die Hand nehmen und das auch wollen. Und genau da liegt der Knackpunkt, den die Menschen dort noch nicht überwunden haben. Hoffen wir mal, dass sich da in den nächsten Jahren noch einiges tut.
Alle Fotos von Flo Hauck
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