Blood and sharks – Es war vor etwa zwei Jahren im Oktober. Alles begann mit einem recht spontanen Kartenkauf. Wir wollten mal testen „was die Jungs live so können“. Während der Autofahrt dröhnten Zeilen wie, ‚Let’s just pretend its summer‘, oder ‚why must we kiss with the lights out‘ aus den Boxen. Urbane Hymnen aus ehrlich gemachtem Pop von I HEART SHARKS . Hymnen eines Sommers, meines Sommers. Am Badesee, im Bus, beim Nacht-zum-Tage-machen, irgendwo zwischen Konfettiregen, Kippen und Pappbechern, gefüllt mit billigem Fusel.
Entsprechend hoch waren natürlich meine Erwartungen. Nur wusste ich bei Ankunft am Erfurter Museumskeller nicht so genau, wohin mit diesem riesen Berg an Vorfreude. Das alte Gewölbe ist Kneipe und Veranstaltungsort zugleich. Ein kleiner Saal, in dem nach Augenmaß geschätzt, vielleicht 30 Leute Platz finden. DOCH: Es war einer der BESTEN, sowie verrücktesten Konzertbesuche ever. Die Band war klasse. Das Publikum, ein wahnsinniger Haufen an geballter Energie. Der Schweiß tropfte von der Decke, alle tanzten wie wild, sangen sich die Seele aus dem Leib. Von der Bühne aus verteilte man reichlich Wasser und am Ende gab es sogar die ein oder andere blutige Nase. Aber hey, ich habe noch nie einen glücklicheren Menschen mit blutiger Nase gesehen. Ehrlich jetzt. Künstler und Fan waren irgendwie eins.
Genau das kann dieses Jahr wiederholt werden, DENN Pierre, Simon und Martin melden sich mit ihrem neuen Album „Anthems“ zurück und beginnen ihre Deutschlandtour am 24.04. (wieder) in Erfurt. History in the making und so!
Where the magic happens
Doch zunächst Back to Basics. London – New York – Bayern: Sie selbst beschreiben sich auf Facebook wie folgt: One english boy. One german boy. One lost boy. Und wo lernt sich solch eine hippe Indie-Electro-Band heutzutage kennen? Richtig! Janz klassisch, im Berghain! 2007 liefen sich die drei Jungs in den heiligen Hallen des Berliner Clubs zufällig über den Weg und es hat dieses berühmt-berüchtigte Zoom! gemacht. Ihre Idee war es, „Maschinenmusik“ zu produzieren, die eine menschliche Seele hat, Gitarren als Synthesizer und Synthesizer als Gitarren zu nutzen. Damit wollten sie die zynische, pseudo-intellektuelle Behauptung widerlegen, „Musik, die den Körper bewegt, könne den Geist nicht bewegen und umgekehrt“.
Und plötzlich waren sie überall, spielten auf etlichen Festivals, füllten kleine Clubs und große Hallen. Spätestens seit dem Trailer zum Berlin Festivals 2012, welcher musikalisch mit ihrer Single „Neuzeit“ unterlegt war, wussten die Menschen, wer I Heart Sharks sind. Mit ihrem neuen Album „Anthems“, dass am 28.03. released wurde, geht es nun mit 15 neuen Songs im Gepäck in Richtung Deutschlandtour und in den wohlverdienten Festivalsommer. Doch bevor sie damit starten, hatte ich noch einige Fragen an die drei.
Ich habe euch zum Ersten Mal in 2012 in Erfurt gesehen, im Ratskeller. Die Location war super winzig, wir waren bestimmt nur 40-60 Leute und es war eines der besten Konzerte auf denen ich jemals war. Wie nehmt ihr solche kleinen Clubkonzerte wahr?
P: Die Nähe und die Persönlichkeiten, die man im Publikum sieht. Kleine Konzerte machen mich immer viel nervöser als große.
S: Das weiß ich noch! Da war eine im Publikum mit einem gebrochenem Bein, und wir haben noch nach der Show geredet und ihr geholfen wieder die Treppe rauf zu kommen. So nah kommt man bei Festivals zum Beispiel nicht ans Publikum heran. Da wird man nach dem Auftritt von der Bühne geworfen, damit der nächste Act spielen kann. Man landet im Backstage und wird sehr schnell wieder von den Fans getrennt.
M: Es ist wohl der Club mit dem weltweit kleinsten Backstage und in diesem Jahr beginnt unsere Tour genau dort! Du spürst die Reaktionen viel unmittelbarer. Der Schweiß der Leute lässt den ganzen Club irgendwann zu einer kleinen Saunalandschaft verkommen. Ich habe nach solchen Konzerten meist das Gefühl, man kennt jetzt jeden aus dem Publikum.
Wie schafft ihr es so viel Energie au?
P: Wir bringen immer einen Ghettoblaster mit für den Backstage – weil Backstageräume häufig sehr triste Orte sind – und hören eine Mischung aus Prince und Robin S. zum aufwachen.
„Wolves“ oder „Summer“ sind richtige Dauerbrenner. Aber ist man nicht total unter Druck gesetzt, um diesen „alten Erfolgen“ auch auf der neuen Platte gerecht zu werden?
P: Dankeschön. Der Druck kam mehr von uns selber, weil wir eben nicht die gleichen Sachen nochmal wiederholen wollten. Der Moment, in dem man das macht, was man gut kennt, ist der Moment, in dem man aufhört zu lernen.
S: Ein großer Teil von dem Druck bestand darin, dass wir das Album zeitnah fertig haben wollten. Wir wussten, dass etwa anderthalb Jahre in Ordnung wären, und dann wollten wir natürlich, dass auf der Platte am Ende richtig große Songs drauf sind, die heute toll klingen, die wir aber auch noch in zehn Jahren auf Konzerten spielen können. Neue „Dauerbrenner“, wenn man so will. Ja, den Druck hat es gegeben.
Gibt es auf „Anthems“ große musikalische Unterschiede zum Vorgänger?
P: Alles klingt größer, aber auch intimer. Wir sind nicht eine dieser Bands, die Angst hat, viel in ihrer Musik zu machen. Manchmal ist more eben more.
Aus aktuellem Anlass: Wie sieht für euch der perfekte Sommer aus?
M: Unter der Woche mit dem Fahrrad und guten Freunden zu irgendeinem Strand – egal ob See oder Meer – fahren. Am Wochenende dann auf Festivalbühnen spielen. Das ist perfekt!
P: Frozen Margaritas und gute Unterhaltung.
S: Genug Zeit draußen in der Sonne. Oft sitzen wir tagelang nur im Tourbus und verpassen viel davon. Dieses Jahr will ich die Seen in der Nähe von Berlin mal richtig erkunden. Ich war seit vielen Jahren nicht mehr an einem See baden oder in einem Steinbruch. Und natürlich mit dem Fahrrad und ner Flasche Sekt hinfahren!
Apropos Festival – Habt ihr einen Fav. oder gar eine Empfehlung für uns?
M: Mein persönliches Lieblingsfestival ist das Haldern Pop am Niederrhein. Da geht es nur um die Musik und nicht darum, wer die schönsten Klamotten im Schlamm trägt. Außerdem kennt man meist nur 5 Bands und den Rest dann erst ein Jahr später, wenn deren Alben große Erfolge werden. Ein sehr schönes Festival ist das Feel Festival bei Berlin. Sehr gemütlich, sehr klein, sehr schön dekoriert und mit viel Liebe zum Detail gemacht.
P: Wir haben letztes Jahr auf dem Feel Festival bei Berlin gespielt. Das war sehr intim und sehr süß gemacht. Ich habe mich im Wald verlaufen und fand ständig neue Bühnen, auf denen irgendwelche bunten Parties stattgefunden haben. So soll es sein.
S: Zum Glück dürfen wir in den meisten Jahren auf sehr viele Festivals. Für uns ist es toll, weil sich in den Backstagebereichen sehr viele unserer Freunde herumtreiben. Auf diese Art haben wir zum Beispiel Kraftklub kennengelernt, aber auch andere Leute wie Casper und Claire oder Etnik trifft man immer wieder dort. Da hört die Hektik mit der Showvorbereitung kurz auf und man sagt sich „Hallo“.
Klar, irgendwo sind solche Fragen abgedroschen. Aber was inspiriert euch beim Musikmachen?
M: Eine Aufzählung würde den Rahmen wohl sprengen, aber die Texte und Stimmungen von The National haben das Album sehr geprägt, auch wenn man es kaum hören wird.
P: Ich betrachte sehr gerne Menschen. Ich sitze gerne in Cafes und schaue Leute an, die vorbei laufen. Sonst, musikalisch betrachtet, Prince und Passion Pit zum Aufstehen, M83 und The Cure zum Überleben, und Interpol und The National zum Leiden.
S: Ich muss schon in der Laune sein, inspiriert zu werden. Das kann dann aus allen Richtungen auf mich zukommen. Ein Lied das mir eine Freundin auf Soundcloud teilt, irgendein Drumloop, den ich entdecke.
Wie kann man sich das Songwriting bei euch vorstellen? Sperrt ihr euch in ein Hotelzimmer ein, fahrt ihr ans Meer …?
P: Überall. Den Titeltrack habe ich in einem kleinen Haus auf Rügen im Winter angefangen, andere Songs im Hotelzimmer in Manchester, andere in Hamburg oder Berlin im Studio.
S: Alle Ideen landen über kurz oder lang auf unserem Studiorechner und von dort aus werden sie weiter vermanscht. Wir haben ein Studio in Neukölln, in dem ganz viele Gitarren und Synthesizer stehen. Da geben wir den Ideen dann Leben.
Gibt es eventuell bestimmte Künstler mit denen ihr gerne zusammenarbeiten würdet?
P: Bei „Anthems“ haben wir diesen Traum zum Teil realisiert – viele Songs sind mit dem Sänger von Wilhelm Tell Me, Henning Sommer, entstanden, und dazu hat Joseph Cross, der Produzent von Hurts und Courteeners, die Platte produziert.
S: The Knife! Wir lieben deren Lieder, wie sie elektronische Musik mit tiefergründigen Texten verbinden. Wenn man uns einen Tag im Studio mit denen geben könnte würde ganz sicher etwas ganz großes dabei raus kommen.
Achja, und wie hat das eigentlich alles so mit euch angefangen?
M: Ich habe durch Zufall eine Show mit Vienna, dem Nebenprojekt von Pierre, gespielt. Und Wochen später hatte ich eine Nachricht bei Facebook erhalten, ob ich denn nicht bei I Heart Sharks spielen wolle. Aus Mangel an Alternativen habe ich dann zugesagt.
P: Als wir nach Berlin zogen, waren wir sehr jung und haben viel zu viel gefeiert. Irgendwann haben wir uns entschieden, den Techno, den wir immer wieder in die Berliner Clubs hörten, auf Gitarren zu spielen, und die Gitarrenmusik, die ich aus England kannte, auf Synthesizern.
Warum liebt ihr Haie?
P: Weil sie äußerst gefährlich und gleichzeitig wirklich schön sind.
Gibt es ein momentanes (kollektives) Lieblingslied?
P: Unsere Differenzen machen uns eben interessant. Mein Lieblingslied ist gerade nach langer Zeit wieder „We Looked Like Giants„ von Death Cab For Cutie.
S: Haha, ja da sind wir sehr unterschiedlich. Das Lied hätte ich zum Beispiel niemals gewählt. Ich höre im Moment viel weniger Musik, um den Kopf mal wieder frei zu kriegen. In der Zeit beschäftige ich mich zum Beispiel damit, wie die Lichter zu unserer neue Bühnenshow programmiert werden können… und genieße dabei die Stille.
M: Bei mir ist es gerade „Running“ von Jessie Ware.
Ein Leben ohne Musik ist wie …
P: … taub sein?
S: … ein Leben ohne Leben?
M: … Sommer in der Antarktis.
Tour-Dates
24. 04. 2014 Erfurt , Museumskeller
25. 04. 2014 Köln, Club Bahnhof, Ehrenfeld
26. 04. 2014 Hamburg, Molotow
29. 04. 2014 Berlin, Bi Nuu
30. 04. 2014 Dresden, Beatpol
02. 05. 2014 Leipzig, Täubchenthal
03. 05. 2014 München, Strom
07. 05. 2014 Nürnberg, MUZ
08. 05. 2014 A- Wien, B72
09. 05. 2014 CH – Zürich
10. 05. 2014 Frankfurt , Nachtleben