Die deutsche Indierock-Band RAZZ über Handbrot, Rich Kids & Klausuren

11.9.2017
Sophie Krause
Interviews, Music, Video

Hach, Hamburg, was hätten wir auch von dir erwarten sollen. Gutes Wetter fällt dir eben schwer. Beim MS Dockville Festival in Hamburg vor ein paar Wochen hat sich die Sonne nur in den entscheidenden Momenten blicken lassen. Einer dieser Momente war das Konzert der noch recht jungen Indierock-Band RAZZ. Wir haben uns mit den Jungs aus dem Emsland direkt nach ihrem Auftritt zu einem kleinen Festivaltalk getroffen und uns u.. über ihr neues Album „Nocturnal“ unterhalten.

Als traditionelle erste Frage möchte ich wissen, was ihr heute schon gegessen habt. Wir sind ja hier auf dem Dockville Festival. Welches Festivalessen mögt ihr am liebsten?

Steffen: Ich freue mich immer sehr wenn es Reis gibt.

Niklas: Asiatisch mag ich auch sehr gerne, wie lecker das hier allerdings ist, weiß ich nicht. Ich freue mich über Falafel, die sind auf Festivals nämlich meistens ganz gut. Ich bin übrigens überhaupt kein Fan von Handbrot.

Steffen: Ich finde das ganz lecker. Es reicht mir aber, das einmal im Jahr zu essen. Die Burger auf Festivals sind immer gut! Und ich liebe mexikanische Stände. Am liebsten Burritos.

Seid ihr auch schon Festivalgänger gewesen, bevor ihr angefangen habt als Band auf welchen zu spielen?

S: Wir haben vorher Festivals besucht und machen das auch immer noch. Wir sind zum Beispiel jedes Jahr beim Rocken am Brocken und auf dem Hurricane.

N: Es gab früher einmal pro Jahr das kleine FestivalRock unter den Linden in unserer Heimatstadt. Das zu besuchen, war für uns immer ein Highlight. Als wir dort irgendwann spielen durften, fanden wir das natürlich obercool. Kurze Zeit später spielten wir auf dem Abifestival Lingen. Danach wurden die Festivals immer größer. Ach, und dieses Jahr haben wir zum fünften Mal in Folge beim Rocken am Brocken gespielt und dort dann auch gezeltet.

Ihr habt mittlerweile ja schon ein paar Festivals gespielt. Ist das Dockville irgendwie besonders für euch?

N: Ich bin insgeheim Fan vom Dockville, weil das Line-up jedes Jahr sehr gut ist. Ich habe mich sehr gefreut als die Anfrage kam. Unser Konzert heute hat auch wirklich Spaß gemacht. Wir hatten richtig Glück mit dem Wetter, die Sonne hat sogar geschienen.

Als es für euch mit der Musik losging, wart ihr alle noch im Teenie-Alter. War euch allen damals schon klar, dass ihr nach der Schule weitermachen wollt?

S: Wir hatten da alle Bock drauf, ja. Die Konstellation war für uns auch immer klar. Christian, Niklas und ich kennen uns seit dem Kindergarten. Während der Ausbildungs- und Abizeit war es für uns natürlich anstrengender, aber eigentlich haben wir alles immer gut unter einen Hut bekommen.

Wie haben eure Eltern darauf reagiert, als es hieß, ihr wollt jetzt nur noch Musik machen?

N: Als sie gemerkt haben, dass wir deutschlandweit spielen, waren sie eigentlich ziemlich schnell d`accord damit.

S: Sie wollten halt auch keine Spielverderber sein.

N: Am Anfang haben sie immer noch darauf gepocht, dass wir unsere Ausbildungen beenden. Zum Glück haben sie aber nie wirklich Druck gemacht und uns die Freiheit gelassen, das zu machen, was wir wollen.

Ihr macht als deutsche Band Indierock auf Englisch. Das ist selten. Werdet ihr oft verglichen?

S: Ich glaube, das wird man immer, egal welche Musik man spielt. Bei uns sind es oft Vergleiche mit Foals, Two Door Cinema Club oder den Kings of Leon. Heutzutage ist alles schon einmal dagewesen, deswegen lässt sich so etwas auch gar nicht vermeiden.

N: Teilweise ehrt es einen natürlich auch, wenn man mit seinen Vorbildern verglichen wird, wie es der Fall war, als jemand die Editors erwähnte. Wir hören diese Bands oft privat, es liegt also nahe, dass sich diese Einflüsse in unserer Musik wiederfinden. Mir würde tatsächlich auch keine Band einfallen, die ich nicht mit einer anderen vergleichen könnte.

S: Doch, für mich sind das z.B. The Strokes oder Nirvana. Ich kann andere mit den Strokes vergleichen, aber die Strokes nicht mit Bands, die es vor ihnen gab.

N: Aber selbst Kurt Cobain meinte, er hat bei dem Album „Never Mind“ versucht das Album der Pixies zu covern. Das hört man auch, finde ich.

Am 08.09. erscheint euer zweites Album „Nocturnal“. Stephen Street, der auch schon mit den Kaiser Chiefs und The Smith gearbeitet hat, hat euer Album produziert. Wie kam es dazu?

N: Unser Label hat den Kontakt hergestellt, genau weil Stephen vorher auch schon mit den Kaiser Chiefs gearbeitet hat. Ihm hat unsere Musik gut gefallen, danach hat er ein Konzert von uns besucht. Das mochte er auch, also haben wir uns für eine Demo-Probe-Session in Berlin verabredet. Die Connection war sofort da. Zwischenmenschlich haben wir uns super verstanden, was bei einer solchen Zusammenarbeit sehr wichtig ist. Danach haben wir das Album aufgenommen, für das Stephen von Anfang an eine Vision und einen roten Faden im Hinterkopf hatte. Er wusste genau, welcher Song wann wie am besten passt. Das hat das Album auf jeden Fall besser gemacht.

Ist es nicht schwierig sich dann komplett auf Englisch zu verständigen?

N: Bei vielen Begriffen geht das eigentlich, weil sowieso viele der englischen Worte auch im deutschen verwendet werden. Dafür war das Texten aber schwieriger als gedacht. Wir waren wirklich froh, dass uns Stephen als Native unterstützt hat und kleine Fehler ausbesserte. Das hat uns viel gebracht, gerade in lyrischer Hinsicht.

In „Let it in, let it out“ geht es um den unreflektierten Internetkonsum & darüber, wie schnell man seine Daten Preis gibt. Seid ihr eher analog unterwegs?

S: Wir haben alle auch private Social Media Kanäle, sind da aber nicht mega exzessiv unterwegs.

N: Vielleicht klingt diese Message ein wenig heuchlerisch, weil wir als Band diese sozialen Medien nutzen. Aber es geht in dem Song vor allem darum, welche Infos veröffentlicht werden, die vielleicht besser nicht veröffentlicht werden sollten. Und was das betrifft, sind wir dann eher analog.

S: Es geht inhaltlich auch um die krasse Selbstdarstellung von manchen Menschen. Eine Band muss sich natürlich irgendwie promoten, aber es ist heftig, wenn man sieht, wie viele Personen nur durch instagram berühmt geworden sind. Diese Rich Kids die dort den ganzen Tag ihren geilen Scheiß posten und dafür Ruhm und Aufmerksamkeit bekommen, die ihnen wahrscheinlich von den eigenen Eltern verwehrt bleibt. Vielleicht müssten die sich mal darauf besinnen, im privaten und echten Leben etwas wert zu sein und sich nicht nur übers Internet zu profilieren.

N: Amen.

Mein Lieblingssong ist „Paralysed“ – den Refrain konnte ich schon beim zweiten hören mitsingen. Was sind eure Favorites?

Christian: Meiner ist „Another heart, another mind“. Bei dem Song hat uns der Sänger von Giant Rocks unterstützt. Als wir den Song geschrieben haben, war ich der Einzige, der daran geglaubt hat. Wir haben ewig daran gearbeitet, bestimmt zwei, drei Jahre. Und den jetzt endlich fertig zu hören und live zu spielen, ist einfach absolut toll.

S: Ich mag die Songs die mir auch Spaß machen zu spielen. „Step, Step, Step“ mag ich sehr gerne. Das ist auch ein Song den wir so nicht noch einmal haben, er ist sehr progressiv und rockig. Geil finde ich auch einen Song, von der Bonustrack-CD: „West to East“. Im Vers ist es ein 7/8 Takt, im Refrain wird es ein 4/4 Takt. Der Refrain geht dadurch so schön auf.

N: Mein lieblinsgsong ist „Lecter“, weil ich ihn momentan gerne höre und er, im Vergleich zu den anderen Songs auf der Platte, in eine ganz andere Richtung geht.

S: Das ist tatsächlich der Song, den ich am wenigsten mag. (lacht)

Was steht bei euch neben Album-Promo und Tour noch so an? Worauf freut ihr euch?

S: Christian und ich wollen nach der Tour umziehen, nach Osnabrück oder Münster.

N: Ich studiere Wirtschaftswissenschaften und muss dafür noch Klausuren schreiben. Bisher ließ sich das noch ganz gut vereinbaren, wie das aber während der 45-Konzerte-Tour wird, werde ich sehen. (lacht)

C: Ich würde gerne noch in den Urlaub fahren, denke aber, dass das knapp wird.

Danke für das Gespräch. 

Ihr Album „Nocturnal“ ist unter anderem hier erhältlich.

Und hier auch noch die Live-Dates von RAZZ:
22.11.17 Münster – Gleis 22
23.11.17 Essen – Zeche Carl
24.11.17 Köln – Luxor
25.11.17 Frankfurt – Zoom
26.11.17 Heidelberg – Halle 02
28.11.17 Freiburg – Jazzhaus
29.11.17 Karlsruhe – Stadtmitte
30.11.17 Konstanz – Kulturladen
01.12.17 Zürich (CH) – Werk21
02.12.17 Augsburg – Kantine
04.12.17 München – Ampere
05.12.17 Nürnberg – Club Stereo
06.12.17 Wien (A) – B72
07.12.17 Graz (A) – Orpheum extra
09.12.17 Leipzig – Täubchenthal
10.12.17 Dresden – Groove Station
11.12.17 Erfurt – Kalif Storch
12.12.17 Cottbus – Bebel
05.01.18 Rostock – Helgas Stadtpalast
06.01.18 Kiel – Orange Club
08.01.18 Hannover – Bei Chez Heinz
10.01.18 Düsseldorf – Tube
11.01.18 Göttingen – Exil
12.01.18 Kaiserslautern – Kammgarn Club
13.01.18 Stuttgart – Keller Klub
14.01.18 Dortmund – FZW Club
16.01.18 Chemnitz – Atomino
17.01.18 Magdeburg – Theater in der grünen Zitadelle
18.01.18 Osnabrück – Lagerhalle
19.01.18 Bremen – Tower

 

Über den Autor

Sophie Krause Die 29jährige zugezogene Brandenburgerin mit Kodderschnauze und Speckgürtel-Dialekt, arbeitet nicht nur an der Fertigstellung ihres Romans, sondern schreibt auch mit großem Vergnügen über die Liebe an und in der Hauptstadt. Musik, Fashion, Party`s, Art - you name it.

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